Echt sein

Menschen wirken überzeugend, wenn sie authentisch sind. Das gilt auch im Gottesdienst. Und im Gottesdienst kommt der Authentizität darüber hinaus noch eine weitere Bedeutung zu: Wenn ich als Gottesdienstleiterin authentisch bin – wenn ich tatsächlich tue, was ich vorgebe zu tun -, kann ich Menschen mitnehmen in die Bewegung auf Gott hin. So werde ich meiner Aufgabe als Gottesdienstleiterin gerecht.

Fünf praktische Hinweise für eine authentische Gottesdienstleitung

Wie geht das nun: Authentisch sein im Gottesdienst? Worauf kann ich als Gottesdienstleiterin achten? Dazu fünf ausgewählte Punkte:

  1. Gleich zu Beginn: Wenn ich das Kreuzzeichen mache, tue ich dies bewusst: Ich nehme mich selbst mit hinein und stelle auch mich bewusst unter die Gegenwart Gotte.
  2. Wenn ich die Mitfeiernden grüße, dann sage ich das nicht nur so dahin, weil es eben an dieser Stelle gesagt werden muss, sondern ich nehme die Mitfeiernden in den Blick und trete wirklich in Kontakt.
  3. Wenn ich die Mitfeiernden einlade: „Lasst uns beten, wie der Herr uns zu beten gelehrt hat“, dann wende ich mich tatsächlich einladend der Gemeinde zu, und sammele mich gemeinsam mit ihr zum Gebet. Ich schaue nicht ins Buch oder blättere darin, um die nächste Seite aufzuschlagen.
  4. Wenn ich ein Gebet vortrage, dann lese ich nicht einfach vor, sondern ich bete. Dabei schaue ich nicht in die Gemeinde, als würde ich zur Gemeinde sprechen, sondern ich halte den Blick gesammelt bei mir.

Wenn ich eine Gebetsstille halte, dann zähle ich in dieser Zeit nicht bis zwanzig, um die angemessene Zeit abzuschätzen. Sondern ich gehe selbst ins stille Gebet. Die Zeit, die ich für das Beten brauche, ist vermutlich auch eine angemessenes Zeit für die Mitfeiernden. Sie ist jedenfalls ein sicherer Indikator für die angemessene Zeit, als ein Abzählen das sein könnte.

Einwände und Entgegnungen

Vielleicht sagen Sie: Das ist doch selbstverständlich. Aber vermutlich erleben Sie genauso oft wie ich, dass solche Punkte eben doch nicht beachtet werden. Ich erlebe immer wieder, dass die Leitenden auf den vorgegebenen Text bedacht sind, aber nicht die Haltung einnehmen, die zu der jeweiligen Sprachhandlung gehört.

Vielleicht haben Sie auch den Einwand: Wenn ich den Gottesdienst leite, muss ich mich auf die Leitung konzentrieren und kann nicht gleichzeitig beten, hören, meditieren. In der Themenzentrierten Interaktion (TZI) gibt es das Konzept der teilnehmenden Leitung: Die Leiterin oder der Leiter ist gleichzeitig als Person beteiligt und bringt sich selbst ein. Dies trägt zu einer großen Lebendigkeit bei. Und es funktioniert auch im Gottesdienst! Ich nehme meine Leitungsrolle wahr und stehe gleichzeitig selbst als Hörende, Betende, Meditierende vor Gott. Diese Spannung lässt sich halten.

Meine Überzeugung

Es ist meine Erfahrung und Überzeugung: Eine solche authentische Leitung trägt dazu bei, dass der Gottesdienst an Tiefe gewinnt und seine Kraft entfalten kann.

Dieser Beitrag erschien in ähnlicher Form im Anzeiger für die Seelsrge, Heft 5/2025, S.41.