Spirituelle Morgenlektüre

Beim ersten Kaffee vor dem Frühstück lese ich gerade mit meinem Mann das Buch „Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen“ von Navid Kermani (Hanser, München 2022). Das ist unsere spirituelle Morgenlektüre, bevor wir dann miteinander beten. – Navid Kermani, ein Autor mit muslimischem Hintergrund? Ja, uns gefällt das, da wir mit unseren muslimischen erwachsenen Kindern (aus Afghanistan) eine interreligiöse Familie bilden und wir auch durch geteilte Spiritualität verbunden sind.

Aus dem Buch ein Zitat zur Frage, wer oder was Gott eigentlich ist:

„Vielleicht kommt es gar nicht so sehr auf die Antwort an, sondern dass du nie aufhörst zu fragen – denn die Frage ist ebenjene Beziehung, die wir mit Gott haben. Wer die Antwort hat, der ist ja schon fertig, der braucht nicht mehr zu suchen … Wer hingegen fragt, der wendet sich zu jemandem hin. Und was Gott angeht, kannst du so viel fragen, wie du willst. Du wirst immer neue Antworten finde, je nachdem, wie es dir im Leben ergeht, ob du jung bist oder alt, verliebt oder traurig, glücklich oder in Not. Die Fragen können auch gar nicht aufhören, weil Gott die Unendlichkeit selbst ist und somit die Suche nach ihm nie aufhören kann“ (Seite 82).

Neben den Impulsen für mein eigenes spirituelles Leben stecken darin für mich auch zwei Impulse zur Gottesdienstgestaltung:

Impuls 1: Als Gottesdienstgestalterin transportiere ich nicht die Antwort zu den Menschen, wer Gott für sie ist, sondern ich eröffne einen Raum, d.h. ich sorge für einen förderlichen Rahmen, in dem die Mitfeiernden (mich eingeschlossen) in eine fragende, glaubende oder auch zweifelnde Beziehung zu Gott treten können und so mit Gott in Kontakt sind.

Impuls 2: Im Gottesdienst gebe ich der Vielfalt der Gottesbeziehungen Raum. Ich gehe nicht davon aus, dass alle Anwendenden gerade dieselbe Glaubenshaltung haben, und ich gehe nicht davon aus, dass ich weiß, was die einzelnen bewegt. Stattdessen achte ich auf eine Gestaltung, die implizit Platz bietet für je Eigenes: durch Zeiten der Stille, durch öffnende Formulierungen von Gebeten, durch Zeichenhandlungen, in die Menschen die eigenen Sorgen oder Hoffnungen hineinlegen können, durch eine Predigt, die Raum lässt für das Verfolgen eigener Gedanken usw.

Dies bedeutet nicht Beliebigkeit oder Unverbindlichkeit. Ich gehe mit meinem kirchlich geprägten Glauben an die Planung und Leitung heran. Gleichzeitig rechne ich mit mündigen und vielfältigen Mitfeiernden und ich verzichte auf Bevormundung oder Engführung.

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Portrait: Barbara Feichtinger lächelt freundlich

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