Eine Erfahrung
In meiner Ausbildungszeit für den Pastoralen Dienst war ich für die Gestaltung von Schülermessen zuständig: Etwa dreißig Dritt- und Viertklässler feierten jeden Mittwoch um acht Uhr in der Pfarrkirche eine Messe. Der Gottesdienst stand auf dem Stundenplan und war verpflichtend. Den Drittklässlern sollte er der Vorbereitung auf die Kommunion dienen, den Viertklässlern der weiteren Einübung in die Messfeier. Ich hatte damals große Mühe damit, dass die Drittklässler zuschauen mussten, wie die Viertklässler die Kommunion empfingen, während sie selbst leer ausgingen. Als Auszubildende konnte ich an dem Konzept jedoch nichts ändern. Mein Unbehagen wurde noch dadurch gesteigert, dass der Priester mitten im Tagesgebet unterbrach, um einen störenden Schüler „in den Senkel zu stellen“.
Diese Erfahrung war für mich lehrreich. Ich wurde ich aufmerksam darauf, dass Gottesdienste, die Gottes Liebe vergegenwärtigen und sie feiernd vermitteln wollen, selbst einen liebevollen Charakter haben müssen. Denn die Verkündigung geschieht nicht nur mit Worten. Sie geschieht auch durch die Art und Weise, wie wir feiern.
Zwei konkrete Hinweise für eine liebevolle Gestaltung
Wie kann ich nun als Gottesdienstleiterin oder als Mitgestaltende zu einem liebevollen Charakter beitragen? Aus vielen möglichen Gesichtspunkten benenne ich hier zwei ausgewählte Hinweise:
- Es geht darum, die Mitfeiernden wahrzunehmen. Jesus selbst hat die Menschen wahrgenommen, er hat sie gesehen, auch die am Rande, die von anderen übersehen wurden, wie den blinde Bartimäus am Straßenrand oder den Zöllner Zachäus auf dem Maulbeerfeigenbaum. Wenn diese liebevolle Aufmerksamkeit Jesu im Gottesdienst aufscheinen soll, müssen auch wir die Menschen wahrnehmen, die da sind. Wie sich diese Wahrnehmung konkret auswirkt, wird sich jeweils ergeben: sei es in einem freundlichen Blick, in einer Anpassung der Gebete an die Menschen, die Sie vor sich haben … Ein negatives Gegenbild wäre ein Absolvieren des Gottesdienstes ohne echten Kontakt und ohne Bezugnahme auf die konkret versammelte Gemeinde.
- Es geht weiter darum, den Mitfeiernden in einer liebevollen Haltung zu begegnen. „Das Wichtigste ist, dass man die Menschen mag!“, sagte kürzlich ein Pfarrer einer lebendigen Gemeinde, als wir Kriterien für gute Gottesdienste sammelten. Er sprach mir aus dem Herzen, denn es ist auch meine Erfahrung: Wenn ich den Menschen, mit denen ich feiere, von Herzen zugewandt bin, dann springt der Funke über. Dann feiern wir in einer Atmosphäre, die uns miteinander erfahren lässt: Wir sind von Gott geliebt.
Was aber, wenn es im Gottesdienst Menschen gibt, die ich nicht mag? Dann kann ich versuchen, sie mit dem liebenden Blick Jesu zu betrachten, und so eine zugewandte Haltung zu ihnen entwickeln.
Wenn Inhalt und Form zusammenpassen
Wenn die Verkündigung der Liebe Gottes in Worten durch eine freundliche Atmosphäre der Feier unterstützt wird, wenn also Inhalt und Form übereinstimmen, dann sind gute Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Verkündigung ankommt und die Botschaft die Feiernden in der Tiefe ihrer Existenz erreicht.
