Soft Skills im Gottesdienst

Als Liturgie-Dozentin in der Ausbildung der Pastoralen Berufe besuche ich alle Gemeindeassistentinnen und Gemeindeassistenten in ihren Einsatzpfarreien bei einem Gottesdienst. Ich gebe Feedback, bestärke, was gut ist, und identifiziere gemeinsam mit der bzw. dem Auszubildenden Entwicklungsfelder.

Ein ermutigendes Erlebnis

Kürzlich war ich bei einer Gemeindeassistentin, die noch kaum Erfahrung in der Gottesdienstleitung hatte. Für sie war es der erste Gottesdienst überhaupt in dem gegebenen Setting. Es handelte sich um einen Seniorengottesdienst in einem Generationenhaus unter sehr besonderen Bedingungen: In einem als „Marktplatz“ gestalteten offenen Foyer saßen zwölf Seniorinnen und Senioren in einem Halbkreis, einige saßen dahinter an Café-Tischen, wieder andere verfolgten den Gottesdienst von den Galerien der anderen Etagen aus. Um den „Marktplatz“ herum bewegten sich Menschen, die nichts mit dem Gottesdienst zu tun hatten.

Wie meisterte die Gemeindeassistentin die Situation? Sie begegnete den Mitfeiernden sehr aufmerksam und freundlich. Sie begrüßte jede Person persönlich und gab ihr ein großgedrucktes Liedblatt. Die Kommunion brachte sie jedem und jeder Mitfeiernden an den Platz. Bei einer Person, die Mühe mit dem Schlucken hatte, hielt sie ein Glas Wasser bereit und wartete geduldig, bis die Empfängerin die Hostie verzehrt hatte. Im Ablauf des Gottesdienstes folgte die Gemeindeassistentin im Wesentlichen der liturgischen Form der Wort-Gottes-Feier. An einigen Stellen wich sie aus Unkenntnis davon ab, doch das hatte keinen negativen Einfluss auf die Feier und deren Wirkung.

Erkennbare Haltung

Am anschließenden Feedback nahmen auch die Dame vom Begleitdienst und die Musikerin teil, die den Gottesdienst mitgestaltet hatte. Letztere meinte, die Gebetsstille im Kommunionteil wäre zu lang gewesen. Bemerkenswert war die Antwort der Gemeindeassistentin: „Ich habe gesehen, dass die Frau links an der Seite noch ins Gebet vertieft war, deshalb habe ich gewartet“. Eine solche Aufmerksamkeit zeugt von einer hohen Feierkompetenz! Die Gemeindeassistentin hatte die beteiligten Menschen in Zugewandtheit und großer Aufmerksamkeit auf achtsame Weise durch ein spirituelles Geschehen geführt, so dass diese eine wohltuende und stärkende Feier erlebten.  Hätte sie sich ausschließlich auf die Korrektheit der liturgischen Form konzentriert und nicht auf die mitfeiernden Menschen, dann hätte die Feier nicht eine solch hohe Qualität und gute Wirksamkeit erreicht.

Soft Skills machen den Unterschied

In der liturgischen Aus- und Weiterbildung lege ich besonderen Wert auf Soft Skills: Wie begegnen Gottesdienstleitende den Mitfeiernden? Wie gehen sie auf diese ein? Mit welchem Ausdruck und mit welcher Haltung leiten sie den Gottesdienst? Nur auf formale Kriterien zu achten ist mir zu wenig. Ein „korrekter“ Gottesdienst ist nicht per se ein nährender Gottesdienst, und er fördert nicht automatisch die Begegnung mit dem lebendigen Gott. Ein Gottesdienst allerdings, der formal vielleicht nicht ganz perfekt ist, der aber von Achtsamkeit und Eingehen auf die Anwesenden geprägt ist, entfaltet seine Wirkung bei den Menschen.